Ausstellung Die Malweiber von Paris. Deutsche Künstlerinnen im Aufbruch

Man fand sie unerhört und nannte sie verächtlich „Malweiber“. Im erzkonservativen deutschen Kaiserreich galt es als unanständig, wenn Frauen künstlerischen Ehrgeiz entwickelten. Zwar durften Damen im häuslichen Bereich durchaus kreativ sein, aber an den Kunstakademien waren sie nicht zugelassen. Für alle, die es ernst mit der Kunst meinten, gab es um 1900 nur ein leuchtendes Ziel: Paris.

Begeistert beschrieb die junge Annemarie Kruse das kosmopolitische Ambiente im Quartier Montparnasse: „So kurz und eng die Rue de la Grande Chaumière auch ist, so war sie doch damals so etwas wie ein Weltzentrum. Hier lagen die Akademien Colarossi und Grande Chaumière, zu denen täglich zahllose Kunststudierende aus aller Welt pilgerten, und sie mündete auf den Boulevard Montparnasse gerade gegenüber dem Café du Dôme, wo die wichtigsten Kunstfragen von den bedeutendsten Künstlern diskutiert wurden.“ (Kirchner-Kruse, Annemarie: Erinnerungen, 1971, unveröffentlicht, im Besitz der Familie, S. 94)

Auch Paula Modersohn-Becker wollte daran teilhaben. Sie gestand ihrer Freundin, der Bildhauerin Clara Westhoff, eine innere Notwendigkeit, „in die Welt hinaus“, wieder nach Paris, zu gehen.1 Die jungen Damen aus Worpswede waren begeistert, dem regulären Anatomiekurs der renommierten Ecole des Beaux-Arts beiwohnen zu können. In der damals modernsten Metropole der Welt konnten Frauen gleichberechtigt neben ihren männlichen Kollegen studieren. Am Abend traf man sich in der beliebten Abendklasse der Académie Colarossi, wo nach lebenden Modellen Aktzeichnen geübt wurde. Ein Skandal für bürgerliche Sittenhüter. Ida Gerhardi wird schon 1891 Schülerin bei Colarossi. Sie hatte gleich das Gefühl, „in zwei Monaten mehr gelernt zu haben wie in 4 Monaten in München“2 und blieb zwei Jahrzehnte lang.

Sabine Lepsius und Maria Slavona pilgerten ebenfalls schon in den 1890er Jahren nach Paris. „Hier ging mir eine neue Welt auf“, erinnerte sich Slavona an ihr anfängliches Paris-Gefühl. Sie war nicht die einzige, die vom Quartier Montparnasse als einer „Welt“ sprach. Das Viertel war damals ein Mikrokosmos, dessen quirliges und kosmopolitisches Ambiente das Künstlerleben leichter macht. Vor allem Frauen, wenn sie denn mutig genug waren, sich alleine in der Fremde durchzuschlagen, genossen im Paris der Jahrhundertwende eine noch nie dagewesene künstlerische, aber auch persönliche Freiheit.

Paula Modersohn-Becker zog es insgesamt dreimal nach Paris. 1905 reiste sie ohne ihren Mann Otto Modersohn in die französische Hauptstadt, malte sich nackt, signierte ihr Selbstporträt mit ihrem Mädchennamen und träumte kurz davon, ein Kind alleine großzuziehen. Sabine Lepsius war noch unverheiratet, als sie in Begleitung einer Freundin in Paris die Inspiration suchte, die ihr Rom nicht geben konnte: „Ich tanze!“.3 Wie ihr Idol, die russische Malerin Marie Bashkirtseff (1858-1884), wurde die junge Frau Schülerin von Rodolphe Julian.4 Käthe Kollwitz5 studierte ebenfalls an der renommierten Privatakademie. Doch wesentlich prägender war für sie die Begegnung mit Rodin, dessen Atelier sie mehrmals besuchte. Clara Westhoff wurde sogar seine Schülerin und schuf unter dem Einfluss des Franzosen kraftvolle Skulpturen und zarteste Zeichnungen.

Käthe Kollwitz und Ida Gerhardi waren Zimmernachbarinnen an der Rue de la Grande Chaumière. Dort lernten sie die blutjunge Annemarie Kruse kennen. Gerhardi lebte damals schon 18 Jahre in Frankreich und war mit der dortigen Kunstszene eng vertraut. Auf ihr Anraten hin besucht Annemarie Kruse die 1908 gegründete Privatschule eines damals schon legendären Meisters der Avantgarde: Henri Matisse (1869-1954).

Der Franzose war ein ebenso gewissenhafter wie inspirierender Lehrer. Plumpe Imitationen seines eigenen Stils waren ihm ein Graus. Seine Schützlinge sollten zu einer persönlichen Ausdrucksform finden. Unter ihnen gab es etliche deutsche Talente: die Bildhauerin Marg Moll gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Die talentierte Malerin Mathilde Vollmoeller lernte dort ihren zukünftige Ehemann Hans Purrmann kennen. Martha Bernstein, wie so viele der Matisse-Schülerinnen, ließ die dezenten Erdtöne ihrer Münchner Lehrjahre hinter sich und kam zu einer völlig neuen Farbauffassung.

Das Leben in Paris war nicht immer einfach. Paula Modersohn-Becker und Mathilde Vollmoeller verband eine Art Hassliebe mit der französischen Hauptstadt. Paris bedeutete für deutsche Malweiber nicht nur Freiheit, sondern auch Einsamkeit. Das Künstlerleben im Quartier Montparnasse war nicht immer sorgenfrei. Spätestens im Winter, wenn das Geplaudere auf den Caféterrassen verstummte und so manches Atelier ungeheizt blieb, wurde es ungemütlich. Doch selbst das raue, unfreundliche Paris barg noch genügend Quellen der Inspiration, um manche Entbehrung wettzumachen.

Die Ausstellung begleitet ein Katalog mit zahlreichen Farbabbildungen und biografischen Texten zum Preis von 19,80 Euro.

1 Clara Rilke-Westhoff über Paula Becker, in: Hetsch, Rolf (Hg.), Paula Modersohn-Becker. Ein Buch der Freundschaft, Berlin, 1932, S. 49
2 Ida Gerhardi an Elisabeth Gebhard, Brief vom 19.4.91, zit. In Rippmann, Annegret (Hg.), Ida Gerhardi (1862-1927). Eine westfälische Malerin zwischen Paris und Berlin, Münster, 1993, S. 26
3 Sabine Graef an Reinhold Lepsius, Paris, Brief vom 9./10.12.1889. DLA
4 Académie Julian
5 Käthe Kollwitz reiste zweimal nach Paris, 1901 und 1904

Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie unter der Adresse www.info-aschaffenburg.de

Quelle: Kongress- und Touristikbetriebe der Stadt Aschaffenburg

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