Draußen und drinnen, mit allen Sinnen

Das Reiseland NRW rückt das Thema Barrierefreiheit verstärkt in den Fokus. Bis März 2015 sollen neue barrierefreie Reiseangebote entwickelt sowie ein einheitliches System aufgebaut werden, um bestehende Angebote zu erfassen und zu zertifizieren. Schon heute hat NRW beim Thema "barrierefreier Urlaub" viel zu bieten, draußen in der Natur ebenso wie in Städten und Museen.

Im Nationalpark Eifel zum Beispiel ist die Wildnis von morgen für alle erlebbar. Der barrierefreie Natur-Erlebnisraum "Wilder Kermeter“, ein 4,7 Kilometer langes Wegenetz, bietet ein im Boden eingelassenes Leitsystem für blinde und sehbehinderte Wanderer, Informationen, die kontrastreich in erhabener Großschrift und in deutscher Punktschrift oder akustisch wiedergegeben werden und viele Sitzgelegenheiten, die im Abstand von rund 250 Meter zu finden sind. Mitte 2014 kommt mit dem barrierefreien Naturerkundungspfad "Wilder Weg" eine neue Strecke hinzu. Auf rund 1,5 Kilometern erfahren Besucher dann an zehn, meist interaktiven Stationen Wissenswertes über Wildnis, Waldentwicklung und die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt.

Indoor-Informationen bieten die fünf Nationalpark-Tore: die barrierefreien Besucheranlaufstellen zeigen Ausstellungen zu verschiedenen Themen rund um den Nationalpark Eifel und eignen sich als Ausgangspunkte für Ausflüge in die Natur. Alle Angebote und Einrichtungen sind im Faltblatt "Barrierefreie Angebote und Gastgeber in der Nationalpark-Region Eifel" zusammengefasst, das kostenfrei bei der Nationalparkverwaltung sowie allen Nationalpark-Infostellen erhältlich ist.

Kunstvoll arrangierte Natur und bunte Blumenbeete sind vom 16. April bis zum 12. Oktober auf der Landesgartenschau Zülpich barrierefrei erlebbar. Das 25 Hektar große Gelände ist auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sowie für Familien mit Kinderwagen zugänglich. Als zusätzlichen Service finden die Besucher am Haupteingang des Seeparks einen Verleih für Rollstühle und Rollatoren.

Kunst, Industriekultur und Keramik

Neben der Natur gibt es auch viel Kultur in NRW, die barrierefrei besucht werden kann. In Aachen zum Beispiel können sich Menschen mit Sehbehinderung kostenlos einen MP3-Player in der Tourist Info Elisenbrunnen ausleihen. Neben den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten liefert der Audio-Stadtführer auch Informationen zum Straßenverkehr und warnt vor Treppen, Bordsteinen und unebenen Bodenbelägen. Eine Station auf dem Stadtrundgang könnte das Couven-Museum sein, das für Sehbehinderte eine Führung zum Zeitgeschmack und Lebensstil der Aachener Bürgerfamilien im 18. Jahrhundert bietet. Das Aachener Ausstellungs-Highlight des Jahres, die Schau "Karl der Große. Macht Kunst Schätze", ist an allen drei Ausstellungsorten für Menschen mit Gehbehinderungen zugänglich.

Das Werk eines großen Dadaisten und Surrealisten ist im Max Ernst Museum Brühl barrierefrei erlebbar. Es gibt sowohl beschreibende Führungen für Menschen mit Sehbehinderung als auch die Möglichkeit, eine Führung in deutscher Gebärdensprache zu erhalten. Im Keramion in Frechen ist Anfassen ausdrücklich erwünscht: Anhand von historischen und modernen Objekten erfahren sehbehinderte Teilnehmer Wissenswertes sowohl über die Tradition der Bartmannkrüge als auch über die zeitgenössische Unikatkeramik. Industriekultur und die Geschichte des Ruhrgebiets stehen auf der Zeche Zollverein in Essen im Mittelpunkt. Auf dem Gelände der Unesco-Welterbestätte gibt es verschiedene barrierefreie Angebote und Führungen.

Natur und Technik vereint sich im Brückenpark Müngsten, der sich zu Füßen der Müngstener Brücke erstreckt. Die 1897 eingeweihte Stahlkonstruktion, die die Städte Solingen und Remscheid miteinander verbindet, ist mit ihren 107 Metern noch immer die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Eine App führt durch den Park, seine historisch bedeutsamen Orte und die Natur. Blinde Besucher können sie mit Voice-Over bedienen. Orte innerhalb des Brückenparks können durch eine Zielpeilung gefunden werden, die die Entfernung und Richtung zu den jeweiligen Orten angibt und die Orientierung über Vibration oder akustische Signale unterstützt. Die App ist im App-Store sowie bei Google Play mit dem Stichwort "Brückenpark Müngsten" erhätlich.

Düsseldorf, Köln, Münster - Städtetouren ohne Hinderninsse

Viele Städte in NRW haben Stadtpläne für Besucher mit Behinderungen erstellt. Der Stadtplan "Köln für alle" beinhaltet zwei auf Barrierefreiheit geprüfte Routen durch die Kölner Altstadt, gibt Kurzbeschreibungen zu Sehenswürdigkeiten und barrierefreien Angeboten in den jeweiligen Häusern. Auf der Internetseite "Köln für alle - Barrierefrei" finden sich viele Infos für einen uneingeschränkten Köln-Aufenthalt, zu barrierefreien Hotels, zu speziellen Führungen, wie eine Tour zur Legende von Tünnes und Schäl in Gebärdensprache. Die Broschüre "Düsseldorf Barrierefrei“ enthält Informationen zu Hotels, zur An- und Abreise, zur Gastronomie im Bereich der Altstadt in Düsseldorf sowie zur Zugänglichkeit der zahlreichen Museen, Sehenswürdigkeiten und Stadtrundgängen in deutscher Gebärdensprache sowie spezielle Führungen für Blinde, Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer. Der Stadtplan für Münster gibt einen Überblick über sämtliche Möglichkeiten, die die Stadt ihren Besuchern mit Handicap bietet, beispielsweise tastbare Stadtmodelle, barrierefreie Toiletten und Informationen über die barrierefreien Zugänge von Sehenswürdigkeiten. Neben verschiedenen Stadtrundgängen gibt es in Münster auch die Möglichkeit zur Radrundfahrt: Mit Rollfietsen, das sind Fahrräder, an die vorne eine Art Rollstuhl angebaut ist, können Rollstuhlfahrer die Stadt erkunden und sich dabei Fahrtwind um die Nase wehen lassen. Noch mehr Radspass ohne Hindernis bietet Rhede: Auf einer 3-Tages-Tour kann die Stadt und die Parklandschaft des Münsterlandes mit ihren zahlreichen Wasserschlössern, Burgen und historischen Orten per Rollfiets erkundet werden.

Soest lässt sich auf eigene Faust erkunden, ohne zu sehen: Eine App informiert nicht nur über Fahrplänen, Haltestellen und Fahrtzeiten in Echtzeit. Mit ihrer Hilfe werden Blinde etwa direkt zur Einstiegstür des vorgefahrenen Busses und zum Sitzplatz gelotst. Außerdem gibt sie Hinweise zu Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke und weist auf Anschlussmöglichkeiten hin. Ergänzend zu diesem BusGuide gibt der CityGuide Soest die geschichtliche Entwicklung der alten Hansestadt im Sauerland wieder und lässt den Besucher in frühere Zeiten eintauchen. An bestimmten Stellen vermitteln 3D-Modelle zusätzlich Eindrücke der mittelalterlichen geprägten Altstadt. Drei Touchscreen-Terminals in der Stadt vermitteln Fakten, geben Positionsauskünfte und sind behilflich, gewünschte Standorte wie Apotheke und Toiletten zu finden.

Theater hautnah in Bielefeld

"Bielefeld sinn-voll erleben“ ist Name und Programm eines Gruppenangebots für Sehbehinderte und Blinde. Der dreitägige Aufenthalt in Bielefeld beinhaltet einen Rundgang durch die Bielefelder Altstadt, bei dem besonders der Tastsinn der Teilnehmer angesprochen wird, zum Beispiel an einem Bronze-Tastmodell der Stadt oder bei einem Besuch im Stadttheater, wo die Werkstatt der Maskenbildner und der Kostümfundus hautnah erlebt werden. Bei verschiedenen Aufführungen bietet das Theater eine Audiodeskription oder eine Einführung inklusive Bühnenbegehung an.

Neun Jugendherbergen im Rheinland sind bisher zertifiziert als besonders geeignet für Menschen mit Behinderung. Dabei sind die Häuser in Düsseldorf, Köln-Deutz und Köln-Riehl, Bonn, Aachen, Wiehl, Nideggen, Bad Honnef und Nettetal. Weitere Zertifizierungen sind für 2014 geplant. Die Zirkusfreizeiten in Nettetal-Hinsbeck zum Beispiel werden grundsätzlich als integrative Programme für Kinder und für Familien angeboten. Urlaub ohne Hindernisse ist auch am Niederrhein möglich: Das 3 Sterne superior Hotel Klostergarten in Kevelaer ist das erste komplett barrierefreie Hotel der Region. Das heißt: Alle Zimmer, Tagungsräume und Außenbereiche sind für Rollstuhlfahrer und Menschen mit anderen Beeinträchtigungen zugänglich. Ein Reisearrangement enthält neben Unterkunft und Verpflegung den Besuch des barrierefreien Museums für Volkskunde und Naturgeschichte in Kevelaer, ein anderes Angebot für Gruppen umfasst eine Teamolympiade.

Quelle: Tourismus NRW e.V.