Neue Dauerausstellung BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE vom 22. Juli 2023 bis 27. August 2028 in der Völklinger Hütte
Zahlreiche Gleise durchziehen das Weltkulturerbe Völklinger Hütte: Wohin führten sie, was wurde auf ihnen transportiert, welche Produkte gingen von Völklingen aus in die Welt? Und woher kamen die Menschen, die am Hochofen, in der Kokerei oder in der Gebläsehalle die schwere und oft gefährliche Arbeit verrichteten? Das sind Fragen, die sich bei einem Besuch der ehemaligen Eisenhütte heute unweigerlich stellen.
Die Völklinger Hütte war ein pulsierendes Kraftzentrum, in das jeden Tag im Schichttakt Arbeiter:innen hinein und hinaus strömten. Ebenso kamen ständig Rohstoffe und Materialien in Völklingen an, während gleichzeitig Eisen und Stahl in alle Welt exportiert wurden. Die Ausstellung BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE im zweiten Obergeschoss des Wasserhochbehälters eröffnet bisher unbekannte Perspektiven auf die Ströme von Rohstoffen, Menschen und Produkten, die elementar mit der Geschichte der Völklinger Hütte verbunden sind. „Wir haben jetzt die einmalige Chance, die historischen Bewegungen von Menschen und Material rund um die Eisenhütte multimedial zu bündeln und die europäischen und globalen Vernetzungen der Hütte sichtbar und erlebbar zu machen“, erklärt Generaldirektor Dr. Ralf Beil.
So kamen die Erze für die Eisenproduktion nicht nur aus Lothringen, sondern ab den 1960er Jahren aus allen sechs Kontinenten. Spätestens seit der Nachkriegszeit wurde weltweit geliefert. Die menschliche Mobilität in all ihren - auch drastisch gewaltsamen - Facetten ist ein wichtiges Element der Ausstellung: von den Wanderarbeitern und verarmten Bauern aus der Großregion im 19. Jahrhundert über das düstere Kapitel der Zwangsarbeiter:innen im Ersten und Zweiten Weltkrieg aus ganz Europa bis hin zur Arbeitsmigration der Wirtschaftswunderjahre aus Italien und der Türkei.
Herzstück der Ausstellung im Wasserhochbehälter ist eine Filminstallation, die umfangreiches Archivmaterial und 3D-Elemente zu einer prägnanten Hüttengeschichte in zeitgemäßer Bildsprache montiert. Mit Faber Courtial konnte eines der führenden deutschen Unternehmen im Bereich Visual Effects und Virtual Reality gewonnen werden, das neben Arbeiten für Museen auch an zahlreichen Terra X-Produktionen beteiligt war. Die Autorin Nina Koshofer, die für SWR/arte bereits den Spielfilm „Der Stahlbaron - Hermann Röchling und die Völklinger Hütte“ realisierte, sorgte in enger Zusammenarbeit mit dem Welterbe-Team und der wissenschaftlichen Beraterin Dr. Inge Plettenberg für die inhaltliche Qualität der Präsentation.
Die Exponate im Wasserhochbehälter spannen einen Bogen von der Gründung der Völklinger Hütte vor 150 Jahren bis zum Ende der Roheisenproduktion 1986. Zu sehen sind der Reisekoffer des Hüttengründers Julius Buch mit historischen Dokumenten und ein Originalstück jener erfolgreichen Stahlträger mit Röchling-Prägung, die zum rasanten Aufstieg der Hütte beitrugen. Außerdem im Wasserhochbehälter zu sehen: ein Original-Schwungrad des Erzschrägaufzugs, ein Radio-Interview mit dem Vielflieger und Wehrwirtschaftsführer Hermann Röchling auf dem Berliner Flughafen Tempelhof, historische Schuhe, Stechuhren und Schilder aus der Betriebszeit sowie Erinnerungen ehemaliger Werksangehöriger, die eigens für die Ausstellung neu zusammengetragen und aufgenommen wurden. Hinzu kommen zahlreiche fotografische Zeitzeugnisse aus den verschiedenen Epochen der Hütte sowie Werkszeitschriften und Werbebroschüren. Alles zusammen ergibt einen emotional dichten und höchst anschaulichen Überblick über die wechselvolle Geschichte der Hütte.
Weltkulturerbe Völklinger Hütte
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Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist eine von derzeit 39 UNESCO-Welterbestätten in Deutschland. Es steht in seiner Bedeutung auf einer Stufe mit den ägyptischen Pyramiden, der Großen Mauer in China, dem Kölner Dom oder dem Great Barrier Reef in Australien. Ein Besuch des Weltkulturerbes Völklinger Hütte ist ein Abenteuer: Tief hinein geht es in die dunklen Gänge der Möllerhalle, hoch hinaus führt der Aufstieg auf die Aussichtsplattform am Hochofen.
So durchwandern wir die unterschiedlichsten Realitäten rund um die ehemalige Eisen- und Stahlhütte: von den Frauen, die im Werk arbeiteten, über den Generalstreik 1919 bis hin zu den wahren Wimmelbildern des Schichtwechsels, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das städtische Leben rund um den Völklinger Bahnhof und seine Kneipen bestimmte. Und wer wissen möchte, wie schwer die „Erzengel“ auf ihren Köpfen waren, kann selbst einmal einen entsprechenden Korb mit Erz anheben.
BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE ist die erste Ausstellung im historischen Wasserhochbehälter und bietet die Möglichkeit, noch vor der Eröffnung des neuen Haupteingangs einen Blick in diesen bedeutenden Industriebau von 1917/18 zu werfen und so einen ersten Eindruck von der auratischen Raumatmosphäre zu gewinnen. Bis zur Fertigstellung des neuen Eingangs im Oktober steht die Ausstellung Besucher:innen im Rahmen von Führungen offen. Der Zugang zum zweiten Obergeschoss erfolgt über die neue Zechenbahnbrücke.
Quelle: Weltkulturerbe Völklinger Hütte I Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur