Weimar feiert 150 Jahre Henry van de Velde
Er war eine der schillerndsten Gestalten in Kunst und Architektur seiner Zeit: Henry van de Velde (1863–1957). 1902 kam van de Velde als künstlerischer Berater von Großherzog Wilhelm Ernst nach Weimar, wo er die Kunstgewerbeschule gründete und bis zu seiner Abreise 1917 viele der wichtigsten Werke seines umfassenden Œuvres schuf. Sein Schaffen war vor allem von Vielseitigkeit geprägt: Er entwarf Häuser, Keramik, Möbel, Textilien und ganze Inneneinrichtungen. Der Geburtstag des "Alleskünstlers" van de Velde jährt sich 2013 zum 150. Mal – Anlass, die Leistungen des Künstlers sowie die seiner Mitstreiter und Schüler in einem weiten Reigen von Ausstellungen in Thüringen und Sachsen zu beleuchten. Als eine seiner wichtigsten Wirkungsstätten bietet auch Weimar seinen Besuchern ein umfangreiches Programm zu van de Veldes Wirken.
15 Jahre seines Lebens verbrachte van de Velde in Weimar. Abseits vom Berliner Trubel fand er hier Ruhe zum Arbeiten. Es war seine vielleicht intensivste Schaffensperiode und eine der wichtigsten Phasen seines Lebens. Nirgendwo sonst sind so viele Gebäude nahezu unverändert erhalten wie in Weimar. Seine beeindruckenden architektonischen Leistungen lassen sich noch heute besichtigen. Zu den berühmten Weimarer Bauten gehört das Kunstschulensemble: die Kunstschule und die Kunstgewerbeschule, die heute zur Bauhaus-Universität Weimar gehören und die seit ihrer Restaurierung 1991 bzw. 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Heute beherbergen sie die Fakultäten Architektur und Gestaltung der Universität.
Berühmt ist auch van de Veldes Wohnhaus "Haus Hohe Pappeln" am Rande der Stadt. Nach nur neunmonatiger Bauzeit bezog er es 1908 mit seiner Ehefrau Maria und seinen fünf Kindern. Van de Velde verzichtete hier bewusst auf ornamentalen Zierrat. Stattdessen orientierte er sich an der Ästhetik der modernen Industrie und gestaltete das Haus nach Prinzipien der Zweckmäßigkeit. Das Haus ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk, in dem van de Veldes Handschrift in jedem Detail zu finden ist. Weitere sehenswerte Privatbauten van de Veldes in Weimar sind das Palais Dürckheim und die Villa Henneberg. Darüber hinaus zählen Innenarchitektur und Ausstattung des Nietzsche-Archivs zu van de Veldes gelungensten Schöpfungen.
Zahlreiche Ausstellungen und Führungen
Im Jahr 2013 bietet Weimar Van-de-Velde-Interessierten zahlreiche Ausstellungen und Führungen, konzentriert auf die Frühjahrsmonate bis in den Juni hinein. Einige Angebote können über das gesamte Jahr wahrgenommen werden.
Den Auftakt bildet ab dem 24. März 2013 die Ausstellung "Leidenschaft, Funktion und Schönheit. Henry van de Velde und sein Beitrag zur europäischen Moderne" der Klassik Stiftung Weimar. Anhand von Spitzenwerken aus zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vermittelt die umfassende Ausstellung über Henry van de Velde das Spektrum seines Wirkens von 1890 bis Ende der 1930er Jahre. Raumschöpfungen und prägnante Beispiele seiner kunstgewerblichen Kreationen visualisieren das "Gesamtkunstwerk" im Geiste des Künstlers.
Für Besucherinnen und Besucher, die van de Veldes berühmtestes öffentliches Bauwerk, das Kunstschulensemble, erleben möchten, bietet die Bauhaus-Universität Weimar vom April bis November 2013 geführte Rundgänge an. Bei diesen Van-de-Velde-Spaziergängen wandeln die Gäste gemeinsam mit Studierenden der Universität auf den Spuren des Alleskünstlers und erfahren den Detailreichtum seiner Architektur. Zudem erklären die studentischen Begleiter die Bedeutung seines Schaffens für das Staatliche Bauhaus, das 1919 in Weimar gegründet wurde.
Ebenfalls in den Gebäuden der Bauhaus-Universität Weimar ist die Ausstellung "Der Architekt Henry van de Velde" zu sehen, die sich dem architektonischen Schaffen Henry van de Veldes widmet. Realisierte oder zerstörte Bauwerke – mit einem aufwändigen 3D-Modellierungsprogramm stellen die Studierenden die Architektur van de Veldes mitsamt Interieur virtuell her. Die Ausstellung ist ab dem 29. März 2013 im Oberlichtsaal des Hauptgebäudes zu besichtigen.
Auch das 12. Internationale Bauhaus-Kolloquium beschäftigt sich vom 4. bis zum 7. April 2013 mit Henry van de Velde und der Idee des Gesamtkunstwerks. Anlässlich des wissenschaftlichen Kolloquiums diskutieren Architekturtheoretiker und -historiker die Einheit von Kunst und Leben: die Auflösung traditioneller Gattungsgrenzen und der Hang zum Gesamtkunstwerk.
Ebenfalls ganzjährig zu erleben ist die Stadtführung "Auf den Spuren Henry van de Veldes", die einen Überblick über van de Veldes Weimarer Bauten gibt.
Quelle: weimar GmbH