Industrie-Kultur
UNESCO Welterbestätten der Industrie-Kultur in Deutschland
Die Entwicklung Deutschlands zur Industrienation ist eng verknüpft mit dem Bergbau und der Stahlgewinnung. Stätten, an denen einst harte Arbeit den Alltag der Menschen prägte, zählen heute zum UNESCO-Welterbe. Sie gewähren tiefe Einblicke in ein spannendes Kapitel deutscher Geschichte.
Die nachfolgenden ehemaligen Arbeits- und Produktionsstätten sind UNESCO Welterbestätten in Deutschland:
Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft
Auf mehr als 850 Jahre Bergbau verweist gar das Bergwerk Rammelsberg, das seit 1992 mit der Altstadt Goslars zusammen ein Welterbe bildet. Das ehemals größte zusammenhängende Kupfer-, Blei und Zinkerzvorkommen im Harz spornte die Menschen über die Jahrhunderte hinweg zu technischen Höchstleistungen an. Einblicke in diese spannende Entwicklungsgeschichte lassen sich in der nach seiner Stilllegung zum Besucherbergwerk umgestalteten Anlage mit Museum gewinnen. Komplettiert wird dieser Eindruck durch die seit 2010 ebenfalls zum UNESCO-Welterbe zählende Oberharzer Wasserwirtschaft. Dahinter verbirgt sich ein ausgeklügeltes Teich- und Grabenverbundsystem. Es wurde bereits im Mittelalter begonnen und war über die Jahrhunderte hinweg der entscheidende Energielieferant für den Bergbau.
Völklinger Hütte
Das Getöse an den Hochöfen und das Quietschen der Hängebahn-Loren ist lange verklungen. 1986 wurde die Völklinger Hütte stillgelegt. Doch nach wie vor erzählen die Menschen in der saarländischen Metropole Geschichten von der Zeit, als die Stahlproduktion fast jede Familie der Stadt ernährte. Die Hütte ist nicht abgerissen worden, sie ist nach wie vor ein Teil ihres Lebens, ein gigantischer Koloss in ihrer Mitte, identitätsstiftendes Wahrzeichen, Ausdruck stolzer Tradition und lebendige Erinnerung zugleich. Als die UNESCO mit der Völklinger Hütte 1994 erstmals eine Industrieanlage zum Weltkulturerbe adelte, wurde ein bis dahin beispielloses Projekt belohnt. Nach harter Arbeit war es gelungen, in einer vom Strukturwandel arg gebeutelten Region eine ausgediente Produktionsstätte zu erhalten. Nachfolgende Generationen profitieren: Der aufwendige Prozess der Stahlgewinnung ist heute nicht nur graue Theorie auf Schaubildern in einem Lexikon – in der Völklinger Hütte bleibt er in jeder einzelnen Phase „begreifbar“.
Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen
Im Jahre 2001 wurde der Industriekomplex Zollverein in Essen zum UNESCO-Welterbe. In der ehemaligen Steinkohlezeche und Kokerei wird der Bergmanntradition des Ruhrgebiets gehuldigt. Die monumentale Übertageanlage blieb im Originalzustand erhalten. Wie die Kohleförderung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ablief, wird auf dem Denkmalpfad Zollverein lebensnah veranschaulicht. Gleichzeitig gilt die von Fritz Schupp und Martin Kremmer konstruierte Schachtanlage als herausragendes Beispiel moderner Architektur im Stil der Neuen Sachlichkeit.
Fagus-Werk in Alfeld
Das Fagus-Werk im niedersächsischen Alfeld wurde 2011, genau 100 Jahre nach seiner Erbauung, als Welterbe anerkannt. Die Schuhleistenfabrik ist heute noch Produktionsstätte der Fagus-Gre Con und gilt als Schlüsselbau der Moderne. Der Architekt Walter Gropius schuf hier sein Erstlingswerk, bevor er in Weimar das weltberühmte Bauhaus (seit 1996 Welterbestätte) gründete. Und so spiegelt sich im aufwendig sanierten Fagus-Werk, dessen ehemaliges Lagerhaus heute ein großartiges Museum beherbergt, der Beginn einer neuen Auffassung in Architektur und Design.
Hamburger Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus
Die Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel mit Chilehaus sind 2015 als Industriedenkmal, das in Deutschland als universelles Erbe der Menschheit besonderen Schutz genießt, von der UNESCO benannt worden. Die Hamburger Speicherstadt ist das größte zusammenhängende, einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt und vermittelt in einzigartiger Weise die maritime Industriearchitektur des Historismus und Modernismus. Bis heute ist die Speicherstadt nahezu unverändert erhalten. Sie wurde auf Eichenpfählen in drei Bauabschnitten auf einer Inselgruppe in der Elbe errichtet. Und besteht aus 15 großen Lagerhäusern mit rotem Backstein in neogotischer Architektur.
Augsburger Wassermanagement-System
Das Augsburger Wassermanagement-System dokumentiert die 800-jährige Entwicklung der städtischen Wasserversorgung, die weltweit ihresgleichen sucht; vom Mittelalter bis heute. Von der Trennung des sauberen Trinkwassers vom Brauchwasser im 15. Jahrhundert über die Nutzung von Wasserkraft als Treibstoff bis hin zur Fortführung alter Traditionen mit Hilfe neuer Technologien heutzutage.
Das Augsburger Wassermanagement-System erstreckt sich zwischen Lech und Wertach sowie dem Trinkwasserschutzgebiet Stadtwald und umfasst den Hochablass samt Eiskanal, knapp 190 Kilometer Lechkanäle, die Wassertürme amRoten Tor, die Stadtmetzg, die weltberühmte Brunnen-Trias in der Maximilianstraße und am Rathausplatz, Brunnenwerke und eine stattliche Anzahl an Wasserkraftwerken bis Gersthofen, Langweid und Meitingen. Die Kombination aus menschlichem Erfindungsgeist, wegweisender Ingenieurwissenschaft und großartigen Kunstwerken von Weltrang bilden das Erfolgskonzept des Augsburger WassermanagementSystems. Nirgendwo sonst ist lückenlos über acht Jahrhunderte hinweg das Zusammenspiel von Innovationsgeist und technischer Meisterleistung so zu erleben wie anhand des Wassermanagement-Systems in Augsburg.
Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří
Die grenzübergreifende UNESCO-Welterbestätte Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří setzt sich aus 22 Bestandteilen zusammen – 17 auf sächsischer und 5 auf tschechischer Seite des Erzgebirges, und wurde 2019 zum UNESCO-Welterbe ernannt. Stellvertretend für zahlreiche Sachzeugen des Bergbaus im Erzgebirge repräsentieren die ausgewählten Denkmale, Natur- und Kulturlandschaften die wichtigsten Bergbaugebiete und Epochen des sächsisch-böhmischen Erzbergbaus. Sie zeigen das vielfältige bergbauhistorische Erbe der Region und wie der jahrhundertelange Bergbau die Kulturlandschaft unverwechselbar geprägt hat. Die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří repräsentiert eine zusammenhängende Bergbaulandschaft, bestehend aus einzigartig erhaltenen technologischen Ensembles und Landschaftsmerkmalen, die sich teilweise über und unter Tage über viele Kilometer erstrecken.
Doch nicht nur über- und untertägigen Zeugnisse des Montanwesens gehören dazu. Im UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří finden sich auch historische Stadt- und Bergbaulandschaften – verwinkelte Innenstädte, gewaltige Kirchen und Haldenzüge, die wie Perlenketten die Landschaft durchziehen. Um das montanhistorische Erbe der Region in seiner ganzen Dimension zu zeigen, zählen außerdem 19 zusätzliche Standorte als sogenannte „assoziierte Standorte“ zum Welterbe.