Almabtriebe in Österreich
Schon seit über 400 Jahren ist der Almabtrieb (in Vorarlberg Alpabtrieb) fester Bestandteil österreichischer Kultur. Urkundlich erwähnt wurde diese alljährlich stattfindende Tradition erstmals 1746 in einem Pustertaler Inventar. Jedoch dürfte das Schmücken der Tiere bereits auf wesentlich ältere Zeiten zurückgehen.
Nachdem die Tiere den Sommer von Mitte Juni bis Mitte September auf der Alm (Alp) verbracht haben, wird auf traditionelle Art Abschied genommen. In der „Gru-Nacht“, der Nacht vor dem Abstieg, werden die Tiere gemolken und auf die Rückkehr ins Tal vorbereitet. Die Tiere tragen anlässlich dieses besonderen Tages ein buntes Festtagsgewandt. Die prächtigen Bänder, die farbenfrohen Kopfschilder und die fröhlich klingenden Glocken dienten einst dazu böse Geister auf dem Almsteig zu vertreiben und die Herde unversehrt im Tal ankommen zu lassen. Heute hält man an dieser Tradition fest und so ist der Almabtrieb immer noch das wohl größte Fest im Arbeitsjahr eines Bauern.
In vielen Regionen leitet der Almabtrieb den Beginn des Genussmarktes ein – ein Fest, wo kulinarische Spezialitäten, eigens erzeugte Handwerksfabrikate und Musik den Herbst herzlich begrüßen.
Der Schmuck
Generell soll das Schmücken der Tiere einen erfolgreichen Almsommer und eine verlustfreie Arbeitssaison bedeuten. Das gilt sowohl für die Herde als auch für die Bauernfamilie. Sollte ein Tier im Laufe des Almsommers oder auf der Rückkehr ins Tal verunglückt oder ein Todesfall in der Familie vorgefallen sein, wird auf das Schmücken der gesamten Herde entweder gänzlich verzichtet, der Schmuck in tristem Schwarz gehalten oder die Leitkuh mit einem kleinen schwarzen Kranz oder Band behängt.
Gibt es jedoch Grund die Gesundheit und das Wohlergehen der Bauern und seiner Herde zu feiern, wird nicht an Farben, Formen und handwerklichem Geschick gespart. Die verschiedenen Figuren und die verwendeten Materialien der ,,Almabtriebskränze‘‘ sind von Region zu Region verschieden und werden an nachfolgende Generationen weitergegeben.
Der Schmuck in Vorarlberg zeichnet sich durch seine Dezenz und Gebrauch von heimischen Pflanzen wie Wacholder und Rosmarin, Zirben- und Fichtenzweigen, Heidelbeerkraut, Alpenrosen, Nelken und Disteln aus. Bänder, Seiden- oder Papierblumen werden seltener verwendet. (Vorarlberg ist das einzige Bundesland mit einer Bevölkerung alemannischer Abstammung im ansonsten bajuwarisch geprägten Österreich. Eben dieser alemannischen Abstammung werden bestimmte Eigenschaften nachgesagt. So gelten die Vorarlberger als fleißig, sparsam, strebsam und häuslich - die Verwandtschaft zu den Schweizern, Elsässern und Schwaben ist offensichtlich. Hörbar ist die alemannische Abstammung im Dialekt, respektive in den Dialekten, die sich von Ort zu Ort und von Tal zu Tal unterscheiden. Ein Beispiel der sprachlichen Unterschiede findet sich im Wort Alm bzw. Alpe wieder. In Vorarlberg spricht man von der Alpe, der Alphütte oder auch vom Alpabtrieb.)
In Tirol fällt der Schmuck ein wenig pompöser aus, als im Nachbarsbundesland Vorarlberg. Im Oberinntal und Zillertal werden die Kühe mit Kränzen aus Naturblumen, Heidekräutern und Zweigen behängt, während in den Bezirken Kitzbühel und Kufstein vorwiegend Kleinbäume verwendet werden, die mit Papierbänder und -blumen verziert werden. Außerdem werden den Kühen große Glocken umgehängt, die mit bunten bestickten Bändern befestigt werden.
In der Region rund um den Achensee werden gerne Bilder von der Heiligen Notburga, Patronin der Dienstmägde und der Landwirtschaft verwendet. Auch Embleme von dem Familien- oder Hofnamen oder Aufschriften, die dem reibungslosen Almsommer danken, kommen zum Einsatz.
Im Salzburger Land sind bei vielen Almabtrieben Figuren wie der Schlüssel (Symbol für eine geschlossene Almhütte), das Kreuz und Heiligbilder des Heiligen Leonhards (dem Viehpatron) sehr präsent. Die milchreichste und schönste Kuh wird zur Leitkuh auserwählt und bekommt eine große Tuschglocke mit schön verzierten Bändern umgehängt sowie goldene Hörner aufgesteckt. Je nach Rangordnung bekommen die restlichen Kühe größere oder kleinere Glocken. Im Salzburger Saalachtal (und im angrenzenden Bayern) sind die sogenannten „Furkeln“ bekannt, die mit sehr aufwändigen Blumen aus bunten Holzspänen gefertigt werden.
In Oberösterreich wird vor allem im Salzkammergut der Brauch des festlichen Almabtriebs praktiziert. In der Region Wolfgangsee greift man zu großen Tafeln, bestickten Halftern und Schmuck aus Seidenmaschen. Die schönste Kuh trägt einen Spiegel, der als Schutz vor bösen Geistern gilt, oder heilige Bilder der Viehpatrone sowie Tafeln mit dankenden Sprüchen. Gerne verwendet wird außerdem Wacholder, da dessen Rauch bereits im Mittelalter als reinigend und desinfizierend galt. Im Inneren Salzkammergut spielen die große Glocke, der Hörner- und der Halskranz eine wichtige Rolle. Der Schmuck wird teilweise mit Gold und Silber gefärbt und die bunten Seidenbänder verkörpern eine schöne und nahrungsreiche Almzeit, die mit dem Almabtrieb zu Ende geht.
In Kärnten werden die vorgefertigten Kopfgestelle mit Buxbaum, Immergrün, Erika, Grat’n und Schwarzbeerlaub gebunden. Darauf werden dann verschieden Blumenarten wie Sonnenblumen, Disteln, Aster und Strohblumen geklebt und verschiedene Bänderfarben angebracht. Spiegel, Marien- und Heiligenbilder sowie das Kärntner Wappen kommen ebenso zum Einsatz wie gotische Ornamente und Sprüche, die die Zugehörigkeit des Tieres erkennen lassen. Eine weitere Besonderheit in Kärnten ist der aufwendige Kopfschmuck, der teilweise aus handbestickten Hausleinen gemacht wird.
In der Steiermark ist durch die Auffälligkeit des Schmuckes die Rangordnung der Tiere erkennbar. Für die Leitkuh wird ein aufwendiger Horn- und Halsschmuck angefertigt, während die nachfolgenden Tiere bescheidener ausgestattet sind. Die Kränze bestehen aus Krepppapier, Stoffbändern, Plastikblumen, Papierrosen und besonders schöne Stücke enthalten Spiegel, Metallfolien oder – eine Besonderheit im Ennstal – kunstvoll geschnitzte Birkenschwammbrettchen. Die Motive auf den geschnitzten Birkenschwammbrettchen zeigen Symbole wie Glaube (IHS) und Liebe (Herzen), die auch den Schutzelementen zuzuordnen sind sowie Tier- und Pflanzenmotive.
Quelle: Österreich Werbung Deutschland GmbH