Ausstellung Ägypten - Götter. Menschen. Pharaonen. 2014 im Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Ab Freitag, den 25. Juli 2014, entführt das Weltkulturerbe Völklinger Hütte seine Besucher in die Welt des Alten Ägypten. "Ägypten - Götter. Menschen. Pharaonen." zeigt die Kunst, die Götterwelt und die Alltagswelt der altägyptischen Kultur aus 4 Jahrtausenden. Die mehr als 200 hochkarätigen Exponate stammen aus dem Museo Egizio Turin, das nach dem Museum von Kairo als das bedeutendste ägyptische Museum der Welt betrachtet wird. Nahezu alle dieser Leihgaben sind erstmals in Deutschland zu sehen. Damit wird das Weltkulturerbe Völklinger Hütte für einige Monate zu einem internationalen Zentrum der altägyptischen Kultur.
Ausstellungsort ist die Gebläsehalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte mit seinen weltweit einmaligen Gebläsemaschinen. Zwei Kapitel der Menschheitsgeschichte – die Industrialisierung und die Hochkultur des Alten Ägypten treffen so an einem Ort zusammen.
"Als Weltkulturerbestätte, die maßgeblich dazu beiträgt, das Erbe und die Kultur der Industrialisierung für weitere Generationen zu bewahren, gehört es zu unserem Programm, regelmäßig ein Portal für die großen Kulturen der Menschheit wie die der Inkas oder der Kelten zu öffnen. Wir sind sehr glücklich, dass wir die Ausstellung "Ägypten – Götter. Menschen. Pharaonen. – Meisterwerke aus dem Museo Egizio Turin" aus den Beständen des Ägyptischen Museums Turin zusammenstellen und damit einige der bedeutendsten Exponate der altägyptischen Kultur im Weltkulturerbe Völklinger Hütte präsentieren können", sagt Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte.
Das Museo Egizio Turin wird zurzeit umfassend umgebaut und zeigt nur einen kleinen Teil seiner Sammlungen, um mit der Expo 2015 in Mailand neueröffnet zu werden. Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte kann so Highlights der Sammlung erstmals in Deutschland präsentieren.
"Der Weg nach Memphis und Theben verläuft durch Turin", schrieb schon im 19. Jahrhundert der französische Wissenschaftler Jean-François Champollion angesichts der beeindruckenden Sammlung des Ägyptischen Museums Turin. Der Weg in das Alte Ägypten führt im Jahr 2014 nun auch über Völklingen.
Titelbild: Pharaonischer Prinz (Sohn eines Gottkönigs) - höchster Hofbeamter
Sarkophagdeckel in Menschengestalt (Fragment)
Neues Reich, 18. – 20. Dynastie, 1.550 - 1.070 v. Chr., 19. Dynastie 1.292 – 1.186 v. Chr.
Kalkstein
133 x 56 x 21 cm
Der Sarkophagdeckel ist das einzige Beispiel eines Kalkstein-Sarkophags aus dem Neuen Reich in der Sammlung des Museo EgizioTurin. Der Sarkophag ist ein besonders erlesenes Objekt, das die hohe Fertigkeit der Bildhauer aus der 19. Dynastie demonstriert. Das Ergebnis ist noch beeindruckender dadurch, dass die Pigmente, die für die Perücke, das Gesicht und den breiten Halskragen benutzt wurden, erhalten sind. Der Sarkophag in Menschen-Gestalt ist eine Innovation des Neuen Reiches (18. bis 20. Dynastie, 1.550-1.070 v. Chr.) und unterscheidet sich von den rechteckigen Särgen der vorangegangenen Zeit. Anthropoide Sarkophage wurden normalerweise aus Holz angefertigt und sehr selten aus Stein, da dies arbeitsaufwendiger und infolgedessen auch sehr viel teurer war.
Der anthropoide Sargdeckel aus Kalkstein zeigt einen Mann höchsten Standes (wahrscheinlich einen Pharaonischen Prinzen oder den Sohn eines Gottkönigs) der in ein feines, aufwendig drapiertes Leinengewand gekleidet ist. Das leblose Gesicht wird von einer modischen zweistufigen Perücke gerahmt, die schwarz gefärbt ist. Die Perücke ist aufwendig geflochten und oben mit einer Lotusblüte verziert. Die großen fülligen Wangen, der herzförmige Mund und die „Venus rings“ sind typisch für die Dynastie des 19. Jahrhunderts (1.292-1.186 v. Chr.) und erlauben uns eine Datierung des Sargdeckels in diese Zeit.
Es ist die Zeit der Regierung von Pharao Ramses II. (1.303 – 1.213 v.Chr.), der auch Ramses der Große genannt wird. Er herrschte 67 Jahre lang in Ägypten und ist der bekannteste aller Pharaonen. Zu seiner Zeit besaß Ägypten eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte, wie sie danach nie mehr erreicht wurde. Die Bautätigkeit Ramses II. gipfelt in der Errichtung des Ramesseums und des Tempels von Abu Simbel.
Der Tote trägt einen breiten Halskragen, der reliefartig ausgearbeitet ist und eine goldene Wesekh (Name für ägyptische Halskette) zeigt. Über dieser Kette liegt ein schreinförmiger Anhänger mit einem Skarabäus auf einer Sonnenbarke. Der Tote trägt außerdem eine zweireihige Halskette, die an die Ketten mit Gold-Scheibe erinnert, die ausschließlich Geschenke des Königs waren. Plastisch wie ein Hochrelief heben sich die geballten Fäuste von dem eng gefalteten Gewand ab. Über dem Bauch des Verstorbenen ist die geflügelte Göttin Nut, Personifikation des Himmels, in hauchdünnem Relief über dem Neb-Zeichen dargestellt. Die Gottheit kniet und breitet ihre geflügelten Arme aus, als wolle sie den Toten in die Arme schließen und empfangen, dessen Identität in der Inschrift unten nicht erhalten ist. In jeder Hand hält sie ein Ankh-Zeichen für Leben. Durch das cremige Weiß des Kalksteins wirkt der Verstorbene in seiner schneeweißen, gefalteten Tunika genauso wie er auch in gemalten Szenen auf Papyros oder Stelen ausgesehen hätte.
Eine Säule von Hieroglyphen in einem extrem seltenen und exquisiten Hochrelief erstreckt sich ausgehend von dem Neb-Zeichen über den Körper. Der Name des Dargestellten ist nicht erhalten, er wird als maa-kheru, die ‚wahre Stimme‘ bezeichnet. Das wertvolle Material und die exquisite Verarbeitung signalisieren jedoch, dass der Sargdeckel einem höchsten Würdenträger gehörte.
Das Exponat stammt aus der Sammlung des französischen Konsuls Bernardino Michele Maria Drovetti (1776 – 1852), der von Napoleon 1803 nach Ägypten entsandt wurde. Diese Sammlung wurde 1824 durch König Karl Felix von Sardinien-Piemont für Turin zu einem unvorstellbar hohen Preis angekauft. Die 5.268 altägyptischen Exponate der Sammlung Drovetti bilden den Grundstock für die Gründung des ältesten ägyptischen Museums der Welt in Turin. Das Museo Egizio Turin besitzt heute ca. 35.000 altägyptische Exponate.
Quelle: Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur